Ideologiefrei betrachtet ist die Diskussion um eine Laufzeitverlängerung der AKW ohne Realitätsbezug

In der Scheindiskussion um eine AKW-Laufzeitverlängerung bedarf es einer ideologiefreien Betrachtung. Das fordert zumindest Herr Lindner. Und recht hat er.

Eine ideologiefreie Diskussion beginnt mit der Frage, für welche AKW denn eine Laufzeitverlängerung kommen soll. Aus Nordperspektive wäre das ja das AKW Emsland in Lingen.
Mit dem Ausstieg vor Augen hat man 2019 entschieden, die eigentlich alle 10 Jahre fällige umfangreiche Sicherheitsüberprüfung ausfallen zu lassen und es bei dem  kleinen Prüfumfang der jährlichen Revision zu belassen.

Dabei wurden  2019 im Atomkraftwerk Emsland zwei Wanddickenschwächungen an den Dampferzeugerheizrohren eines Dampferzeugers festgestellt. In 2020 wurden erneut Schädigungen an den Rohren gefunden.

Zum Hintergrund, würden aus diesen Roststellen Risse, könnte der Dampferzeuger abreißen. In schlechtesten Fall könnt eine Kette von Ereignissen folgen, die in eine Kernschmelze münden. Weltweit treten ähnliche Schäden an diversen Anlagen auf. Dort wurden einzelne Rohre oder ganze Dampferzeuger ausgetauscht.

Beim  baugleichen AKW Neckarwestheim sind ähnliche  Löcher aufgetaucht, wie  in Lingen. Dort streitet sich die Atomaufsicht mit der lokalen Bürgerinitiative und .ausgestrahlt um die Konsequenzen. Immerhin werden in BaWü seitdem jährlich alle Rohre geprüft.

Beim AKW Emsland hat man es 2020 bei Stichproben belassen. In 2021 wurde – trotz der bekannten Schäden – keine entsprechende Prüfung der Heizrohre mehr durchgeführt.

Dagegen hat unter anderem der BUND Niedersachsen protestiert – ohne damit ein Einlenken zu erreichen.

Nun sind in Lingen neue Rostlöcher an anderen Bauteilen aufgetaucht und die Presseerklärungen von Betreiber und Umweltministerium weichen weit voneinander ab. Während RWE keine Undichtigkeit festgestellt haben will, bestätigt das Umweltministerium der NOZ  auf Nachfrage, dass radioaktive Flüssigkeit durch Poren ausgetreten seien, wobei sich die Menge nicht ermitteln lasse.  In Lingen fordert nicht nur das lokale Bündnis AgiEL Aufklärung.

Zu einer unideologischen Betrachtung einer Laufzeitverlängerung gehört, dass diese ohne eine umfassende Überprüfung und vermutlich auch Reparaturen nicht möglich wäre.

Welches Ausmaß die Materialermüdung bei alten Reaktoren haben kann, zeigt sich aktuell in Frankreich. Dort steht mehr als die Hälfte der Reaktoren aktuell still und die EDF musste einräumen, dass sie gar nicht genügend Schweißer hat, um zeitnah alle Rohre zu reparieren.

Zu einer ideologiefreien Betrachtung gehört auch, dass es gar keine Brennelemente über Sylvester hinaus gibt und laut Betreiber auch kein Personal.

Und auch rechtlich wären schwierige Fragen zu klären. Z.B. ist die laufende Standortsuche für ein Atommülllager auf die Müllmenge festgelegt, die ohne Laufzeitverlängerung entsteht.  Wo sollte der neue Atommüll denn hin und vor allem wer würde dafür bezahlen?

Welch eine Doppelmoral, wenn die Bayrische Landesregierung auf der einen Seite Laufzeitverlängerung fordert und damit die Atommüllmenge erhöht, gleichzeitig aber ausschließt, dass der Müll dann in Bayern landet.


Diese Diskussion wäre auch vor fünf Jahren schon umweltpolitisch falsch gewesen, denn das dauerhafte Störfallrisiko, die Umweltzerstörung beim Uranabbau und die ungelöste Entsorgungsfrage bleiben ja.

 Jetzt ist sie –  ideologiefrei betrachtet –  ohne Realitätsbezug.

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